Perspectives
Ein Film von: Christian Fergo
Popp.Roß.Dohrmann ist Kammermusik. Gezupfte Kammermusik in ihrer außergewöhnlichsten und unerwartetsten Form.
Ein Eddie van Halen-Stück folgt auf eine Komposition von Enrique Granados. Chris Thiles virtuose Bluegrass-Werke verbinden sich mit von iranischer Lyrik inspirierten Eigenkompositionen.
Persönliche musikalische Impressionen italienischer Alpentäler oder schottischer Landschaften treffen auf Jazz-Kompositionen Esbjörn Svenssons und tänzeln wie selbstverständlich weiter zu Claude Debussy.
Das alles in einem Programm? Das geht. Und ist ausgesprochen spannend und abwechslungsreich.
An Mandoline, Gitarre und Kontrabass entführen Jochen Roß, Jens-Uwe Popp und Florian Dohrmann das Publikum mit klassischen, cineastisch anmutenden und auch jazzigen Klängen in ganz besondere musikalische Sphären. Sie zaubern einzigartige Klangbilder in den Raum.
Ihr Spiel ist geprägt von Virtuosität, Eleganz, Dynamik und Tiefe und führt oft zu einer wohltuenden Entschleunigung bei den Zuhörern – wohltuend andere Kammermusik. Wie geschaffen für diese besondere Nähe zwischen Zuhörern und Künstlern.
Nah dran am ursprünglichen kammermusikalischen Klangideal entsteht bei Popp.Roß.Dohrmann ein sinnbildlicher Wald an Klangfarben. Der Kontrabass klingt fundiert und tief verwurzelt nach fruchtbarer Erde, während die Gitarre den vielschichtigen und gesunden Raum bis zu den vital sprießenden „Baumkronen“ der Mandoline füllt. Und von einem Moment auf den anderen steht der Wald Kopf. Die Wurzeln wollen nach oben, die Kronen begleiten das wohlwollend, der Raum dazwischen erdet alles.
Biografie
Jens-Uwe Popp
Jens-Uwe Popp wurde 1967 in Rendsburg geboren und begann im Alter von sechs Jahren klassische Gitarre zu spielen.
Er studierte in Lübeck und Hamburg und war schon früh mit seinem Duopartner Michael Bentzien im „Hamburger Gitarrenduo“ erfolgreich. Das Duo gewann mehrere erste Preise bei Internationalen Kammermusikwettbewerben.
Die Kammermusik blieb auch nach seinem Studium für ihn prägend. Er arbeitete und konzertierte mit Musikern wie Giora Feidman, Efim Jourlst, Jochen Roß und Avi Avital.
Von besonderer Bedeutung war die Begegnung mit David Orlowsky und Florian Dohrmann, mit denen er von 2005 bis 2019 das „David Orlowsky Trio“ bildete und die gemeinsam zweimal den Echo Klassik gewinnen konnten. Neben zahlreichen Konzerten, u.a. in der Carnegie Hall in New York, der Wigmore Hall in London und dem Concertgebouw in Amsterdam prägte diese Zusammenarbeit auch sein Schaffen als Komponist: Viele seiner Kompositionen entstanden für das Trio, außerdem auch Werke für die klassische Sologitarre.
Neben seiner Konzerttätigkeit schloss er 2019 eine vierjährige Ausbildung zum Feldenkrais-Lehrer ab und arbeitet in dem Bereich mit dem Schwerpunkt „Feldenkrais für Musiker“.
Jochen Roß
Jochen Roß wurde in Nordhessen, der Heimat der Brüder Grimm und ihren Märchenerzählungen geboren. Mit neun Jahren spielte er an der Seite seines Großvaters und seiner Mutter Mandoline im Mandolinen- und Gitarrenverein Wickenrode.
Kurze Zeit später kam das Klavier als weiteres Instrument dazu. Das gemeinsame Musizieren im Orchester und Alben von Deep Purple, Pink Floyd und Led Zeppelin, die sein Vater hörte, weckten eine stetige Neugier und Freude an der Musik.
Während seines Studiums in Hamburg spielte er u.a. bei der Jungen Deutschen Philharmonie, bei einem Schönberg-Projekt, in einer Rockband und arbeitete für den Fanclub einer Metal-Band.
Nach einem Aufbaustudium im Fachbereich Alte Musik bei dem Lautenisten Joachim Held verbrachte er sechs Monate in Schottland, wo er die Anregungen dortiger Musiker aufsaugte.
Für insgesamt fünfzehn Jahre konzertierte er gemeinsam mit Matthias Hübner (Cello) und Malte Vief (Gitarre) in Vief’s HeavyClassic Ensemble.
Mit dem Gitarristen Jens-Uwe Popp verbindet ihn eine langjährige Zusammenarbeit. Ihr aktuelles Album Durch Raum und Zeit erschien beim Klassik-Label Naxos. Es wurde für den OPUS KLASSIK nominiert und war auf der Longlist für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Seit 2022 wird das Duo durch den Bassisten Florian Dohrmann erweitert.
Sein Solo-Album Tides (2022) entstand mit Freunden, Kollegen und Helden der Jugend und ist ein eigener kleiner Kosmos, der sich zwischen Bach und modernen Popmusik-Produktionen bewegt.
Jochen Roß unterrichtet an verschiedenen Musikschulen im Hamburger Raum.
Florian Dohrmann
Stilsichere Soloparts, groovender Walking-Bass oder ein dezentes Songfundament am Tieftöner: Florian Dohrmann hat sich mit seinem Benjamin Patočka-Bass aus Böhmen über die Jahre ein breites künstlerisches Spektrum erspielt. Von 1993 bis 1998 studierte Jazz- und Popularmusik bei Prof. Thomas Stabenow an der Musikhochschule Stuttgart.
Die Zusammenarbeit mit dem Klarinettisten David Orlowsky ab 1998 erwies sich für ihn als ein wesentlicher Schritt in Richtung großer Bühnen. Das Trio David Orlowsky – Jens-Uwe Popp – Florian Dohrmann gab 2019 beim Schleswig Holstein Musikfestival vier ausverkaufte, rauschende Abschiedskonzerte. Was bis dahin entstanden ist, kann sich hören (und sehen) lassen: mehrere Alben (bei Sony Classical), zwei Ehrungen mit dem ECHO Klassik (für Noema 2008 und für Klezmer Kings – a tribute to Naftule Brandwein and Dave Tarras 2015), Veröffentlichung zahlreicher Kompositionen (bei Schott/Advance Music) und unzählige Konzerte weltweit.
Parallel zum Trio engagierte sich Dohrmann in etlichen Jazz-Projekten. Das Florian Dohrmann Quartett veröffentlichte 2008 die CD „Medium Dry“, meist Eigenkompositionen mit Cool und Westcoast Jazz. 2017 gründete Florian Dohrmann das Jazz-Quartett „Blank Page“, mit dem er Werke klassischer Komponisten neu interpretiert und 2019 das Album „New Impressions of Debussy“ veröffentlichte. Seit 2020 arbeitet Dohrmann mit dem österreichischen Akkordeonisten Klaus Paier als Duo „Paier-Dohrmann“ zusammen. Das Repertoire des Duos besteht aus im Jazz wurzelnden Eigenkompositionen, die 2023 bei Skip Records auf der CD „Inspired Rendezvous“ veröffentlicht wurden.
Gleich mehrere Funktionen übernahm Dohrmann für das Bühnenprojekt „Die Nina Simone Story“ zu Ehren der einzigartigen Sängerin Nina Simone. Fasziniert von ihrer Musik und ihrem Leben entwickelte er Script, Dialoge und Show, Lichtdesign sowie Filmprojektionen, und lud außergewöhnliche Künstler ein mit ihm dieses Projekt zu verwirklichen. So sind die Sängerin und Deutsche Jazzpreisträgerin (2022) Fola Dada, die SWR2 Moderatorin Katharina Eickhoff, der Gitarrist und Landesjazzpreisträger (2021) Christoph Neuhaus, Ulf Kleiner am Klavier und Schlagzeuger Felix Schrack mit dabei. Mit großem Erfolg feierte „Die Nina Simone Story“ Premiere im Theaterhaus Stuttgart bei den Osterjazztagen 2022.